„… Da gab es den Weiler Hemingesheim, später Hemshof genannt, den Rohrlacher Hof, den Gantherhof und die Gräfenau. – Um 1300 gehörten „alle die Gemein …, die hinter dem Hove Heimgsheim lyt“ zum Nonnenkloster in Frankenthal. Zur Kurfürstenzeit waren der Hemshof und die Gräfenau Besitztum der kurfürstlichen Hofkammer.“ (Helmut Fiedler, p. 12)
Sind Sie schon einmal durch den Hemshof gegangen und haben die – heute teilweise unter Denkmalschutz stehenden – Hausfassaden bewusst betrachtet? Gerne lade ich Sie zu einer kleinen „Zeitreise“ ein. Dank der freundlichen Unterstützung des Stadtarchivs der Stadt Ludwigshafen am Rhein kann diese Reise durch die Jahrzehnte im vorletzten Jahrhundert beginnen.
Wir bewegen uns im Umkreis der „Kleine Straße“, so hieß die Limburgstraße 1885, bevor sie 1890 nach der Kosterruine Limburg umbenannt wurde. Um 1891 war das erste Haus in der Limburgstraße erbaut und im Jahre 1901 existierten bereits 10 Häuser. In einem Adressbuch von 1910 sind Häuser u. a. mit den Hausnummern, 16, 18, 20, 22, 5, 7 … verzeichnet, sowie unter der Bezeichnung „Bauplätze“ z. B. die Hausnummern 2 bis 14 oder 27 bis 29 aufgeführt. Zur Orientierung hilft ein Stadtplan aus dem Jahre 1925.
Auf dem folgenden Luftbild aus den 30er Jahren ist zu erkennen, wie die Limburgstraße in ihre Umgebung eingebettet ist, ganz in der Nähe des Wahrzeichens vom Hemshof, dem Wasserturm. Dieser wurde 1894/95 erbaut und steht als mächtiges Bauwerk im Hof der denkmalgeschützten stattlichen alten Gräfenauschule.
Wenn Sie möchten, gehen Sie auf einen gedanklichen Spaziergang mit. Lassen Sie jedes einzelne Bild in Ruhe auf sich wirken und tauchen Sie ein in die Zeitepoche um 1900.
Starten Sie mit Ihrem Spaziergang auf dem Viadukt, schauen Sie auf die Bahnanlage und spazieren in Richtung Hemshof, Wegweiser ist der Wasserturm, …
… gehen vom Viadukt langsam ab – zu bestaunen sind die stattlichen Häuser in der Denisstraße – und biegen nach links in Richtung Limburgstraße.
Auf der rechten Seite ist ein großes Wasserloch, in dem sich Menschen tummeln. An dieser Stelle soll später das Stadthaus Nord entstehen. Hier ein Blick auf das Modell des künftigen Stadthauses Nord:
Auf der linken Seite der Limburgstraße gehen Sie vorbei an den beeindruckenden, großen Häusern – die auch auf Abbildung 4 zu sehen sind – mit den Hausnummern 3, 5, 7…. Halten Sie inne und betrachten Sie sich in Ruhe diese Gebäude.
Schlendern Sie auf der linken Straßenseite langsam weiter, überqueren die Siegfriedstraße (heutige Jakob-Binder-Straße) und gelangen an das Haus mit der Nummer 21.
Direkt daneben beginnt die Gräfenauschule, ein repräsentativer sandsteingegliederter Backsteinbau aus dem Jahre 1904.
Gehen Sie langsam an der Gräfenauschule entlang bis zur Straßenlaterne (im Bild unten rechts), überqueren dann die Limburgstraße und spazieren auf der rechten Seite an den Häusern mit den Hausnummern 10, 12, 12a … den Weg wieder zurück.
An der Ecke Limburgstraße/Siegfriedstraße kommen Sie nun an einer Bäckerei vorbei. Brot, Brötchen und Kuchen werden in der Backstube hinter dem Ladengeschäft hergestellt und gebacken. Der große, imposante Backofen in der Backstube war bis Anfang des 20. Jahrhunderts gut erhalten und wurde mühevoll abgebaut.
Im Laufe unseres gedanklichen Spaziergangs ist mehr als ein Jahrzehnt vergangen.
Nachdem Sie die Siegfriedstraße überquert haben, gelangen Sie bald an das neue Stadthaus Nord, erbaut im Jahre 1914. Das Wasserloch ist verschwunden.
Wenden Sie sich nun langsam in Richtung Viadukt. Werfen Sie einen letzten Blick zurück und verabschieden Sie sich aus dieser Zeitepoche.
Die Gebäude im Hemshof waren durch den Krieg weniger zerstört, als in den benachbarten Stadtteilen. „Seit den 1950er Jahren hatte man über die „Sanierung“ des Gebietes gesprochen und mehrmals seit 1953 eine Bauveränderungssperre verhängt. Als diese Maßnahme jedoch 1958 aus gesetzlichen Gründen nicht verlängert werden konnte, wurde keine Grundsatzentscheidung getroffen. … Das Schicksal des Hemshofs blieb in der Schwebe, die Hauseigentümer, die einen flächendeckenden Abriss voraussahen, investierten nichts mehr in ihre Anwesen. ….1971 beschloss der Stadtrat die Erklärung des Hemshofs zum Sanierungsgebiet…. Hatten die ursprünglichen Planungen noch riesige Abrissflächen und eine „Ideallandschaft“ mit Hochhäusern und breiten Straßen vorgesehen, rückte man schon seit Beginn der Sanierung mehr und mehr von dieser Konzeption ab.“ („Geschichte der Stadt“, Band 2, p. 897 ff.)
Die lange Phase bis zur Entscheidung, ob die Häuser einer modernen „Gebäudelandschaft“ weichen sollten, hinterließen im Hemshof tiefe Spuren. So manche Hausfassaden boten einen traurigen Anblick und ein beginnender Zerfall der einst stattlichen Altbauten war unübersehbar. – Noch vor der Jahrtausendwende war sichtbar eine positive Veränderung eingetreten. Immer mehr Häuser wurden kernsaniert, Innenhöfe entkernt und begrünt. Die Altstadt Hemshof hat mittlerweile ihr Gesicht verändert.
An dieser Stelle möchte ich mich bei Ihnen von unserer „Zeitreise“ verabschieden und Sie ermuntern, überzeugen Sie sich selbst, unternehmen Sie einen geruhsamen Spaziergang durch die Altstadt Hemshof.
Quelle Abbildungen 1 – 8: Stadtarchiv der Stadt Ludwigshafen am Rhein
Auszug Adressbücher 1910, 1938: Stadtarchiv der Stadt Ludwigshafen am Rhein
Helmut Fiedler, Hemshof-Boogie und das Prinzip Hoffnung, Verlag Steinmeier, Nördlingen, 1. Auflage 2006
Geschichte der Stadt Ludwigshafen am Rhein, Band 2, Stadtarchiv der Stadt Ludwigshafen am Rhein, 2003
Christa Schilling, Initiative Sauberer Hemshof